Schlange und Schwert – DSA-Roman R21

Schlange und Schwert

Schlange und Schwert DSA Roman R21
Dieter Rottermund © Heyne / Alle Rechte vorbehalten
Zeitangabe Aventurien: 1017 BF
Seitenzahl:
268 Seiten
Autor: Lena Falkenhagen
Cover: Dieter Rottermund
Illustration: Ralf Hlawatsch
Region: Khunchom, Mhanadistan, Fasar, Gadang
Erschienen: 1996
Bei: Heyne
Buchnummer: R21
Erhältlich bei: Ulisses

Inhalt „Schlange und Schwert“

Ein Fluch hallt durch die Jahrtausende …

A’Sar, eine junge Magierin aus Fasar, träumt Seltsames aus längst vergangenen Zeiten. Um Licht ins Dunkel zu bringen, bricht sie auf, doch es gibt Gefahren, denen selbst eine Zauberin nicht trotzen kann – wohl aber Yeto, ein Kämpfer aus dem Orden der al’Sajid, der für die ungewöhnliche Frau durchs Feuer ginge. Ist seine Liebe zu ihr jedoch so stark, daß er für sie die Kriegsgöttin Rondra verrät?
— Klappentext des Werkes; zur Weiterverwendung siehe Ulisses-Disclaimer

Zusatzinformationen:
Keine Angaben.

Bewertung der Redaktion

  • Bewertung
4

Fazit

Ich habe Schlange und Schwert gelesen, weil ich mir vorgenommen habe, alle DSA-Romane nach und nach zu lesen. Nach meinem letzten Buch, Spuren im Schnee von Karl-Heinz Witzko, wollte ich diesmal etwas anderes – weniger nordisches Eis, mehr Wüste, weniger Kriminalfall, mehr Mythos. Schlange und Schwert von Lena Falkenhagen versprach genau das: eine tulamidische Geschichte über Magie, Glauben, Verwandlung und Schuld. Außerdem kam ja nach Nr. 20 die 21 😉

Was mich besonders gereizt hat, war der Ruf des Romans: Er gilt unter DSA-Lesern als einer der atmosphärisch dichtesten Bände der Reihe in dieser früheren Zeit – poetisch, exotisch und voller Konflikte zwischen Glauben, Liebe und Identität.

Ich wollte wissen, ob diese Mischung wirklich funktioniert und ob Falkenhagen es schafft, aus aventurischer Mythologie eine eigenständige, menschliche Geschichte zu formen. Im Folgenden gehe ich auf die Handlung, Figuren und Atmosphäre des Romans ein – am Ende folgt natürlich meine persönliche Meinung mit Wertung.

 

Inhalt

 

Charakterbeschreibung

 

Im Mittelpunkt stehen drei Figuren, die unterschiedlicher kaum sein könnten – und deren Entwicklung den Reiz des Romans ausmacht.

A’Sar – die Magierin aus Fasar

A’Sar ist eine junge, ehrgeizige Magierin, die sich der Erkenntnis und dem alten Wissen verschrieben hat. Sie ist klug, belesen, aber auch hochmütig und manchmal gefährlich neugierig. Von Visionen und Träumen getrieben, begibt sie sich auf die Suche nach den Überresten einer uralten Macht – der Schlangenkraft Pyrdacors, eines der ältesten Drachenwesen der aventurischen Mythologie.
A’Sar ist keine klassische Heldin, sondern eine komplexe Figur: Sie schwankt zwischen Hingabe und Machtgier, zwischen Erkenntnis und Versuchung. Autorin Lena Falkenhagen gelingt es meisterhaft, sie glaubwürdig zu zeichnen – als Frau, die klüger ist als die meisten Männer ihrer Welt, aber auch verletzlicher.

Yeto – der Krieger aus dem Orden der al’Sajid

Yeto ist das Gegenstück zu A’Sar. Er ist ein Rondrianer, ein disziplinierter Kämpfer, der Ehre und Treue über alles stellt. Doch seine Begegnung mit der Magierin verändert ihn. Aus Pflicht wird Zuneigung, aus Zuneigung Liebe, und diese Liebe stellt alles infrage, was er bisher glaubte. Yeto verkörpert den ewigen DSA-Konflikt zwischen göttlicher Ordnung und menschlichem Gefühl.
Er ist der „Schwert“-Teil des Titels, Seite des Glaubens, während A’Sar die „Schlange“ repräsentiert – die Versuchung, das Wissen, das Geheimnis.

Mupert Efferdsbrück – der Gelehrte und Reisende

Mupert ist der dritte im Bunde – ein etwas ungeschickter, aber liebenswerter Diener der Hesinde, der die beiden Hauptfiguren begleitet. Er steht für den neugierigen, aber weltfremden Forscherdrang Aventuriens. Anfangs wirkt er wie ein comic relief, doch im Laufe der Geschichte entwickelt auch er Tiefe. Seine Naivität weicht Erkenntnis, seine Skepsis wird zu Glauben.
Mupert ist es, der die moralische Balance zwischen den Extremen von A’Sar und Yeto hält – ein Mensch, der zuhören, lernen und wachsen kann.

Gemeinsam bilden die drei das Herz des Romans, und ihr Zusammenspiel ist es, was Schlange und Schwert von vielen anderen DSA-Romanen abhebt.

Nacherzählung (Spoiler-Alarm)

Der Roman beginnt mit einem rätselhaften Prolog: Eine Frau legt einen Armreif an, der sich nicht mehr lösen lässt – ein Relikt aus alter Zeit, ein Zeichen der Macht Pyrdacors, des legendären Drachengottes. Dieses Symbol der Bindung und Verwandlung zieht sich durch den gesamten Roman.

A’Sar, von Visionen geplagt, begibt sich auf eine gefährliche Reise in die Tulamidenlande. Sie sucht nach einem alten Artefakt, dem „Diamanten der Schlange“, einem uralten Relikt aus der Ära der Echsenmenschen. Auf dieser Reise begegnet sie Yeto, einem Krieger des al’Sajid-Ordens, der sie zunächst gefangen nimmt, dann aber – fasziniert von ihrer Entschlossenheit und ihrem Wissen – beschließt, ihr zu helfen.

Was folgt, ist eine Pilgerreise durch eine Welt zwischen Wüste, Ruinen und Legenden. Die beiden geraten in Konflikte mit fanatischen Stammeskriegern, Ferkina-Schamanen und einem geheimnisvollen Kult, der die uralten Drachenkulte wiedererwecken will.

Parallel dazu erleben wir Mupert, der in einem anderen Handlungsstrang einer Gruppe fanatischer Krieger in die Quere kommt und unfreiwillig in denselben Strudel aus Glauben, Magie und Rache gerät. Falkenhagen verwebt diese Erzählstränge geschickt, bis sie im letzten Drittel in einem alten unterirdischen Tempel – dem „Hort der Schlange“ – zusammenlaufen.

In diesem Tempel begegnen sich Vergangenheit und Gegenwart. A’Sar erkennt, dass sie durch ihre Forschungen unbewusst an einer Wiedererweckung Pyrdacors gearbeitet hat – und dass Yeto, der sie liebt, Teil dieser Machtverstrickung geworden ist.

Ein entscheidender Moment ist Yetos Verwandlung: Von der Schlange umschlungen, verliert er seine menschliche Gestalt – ein Sinnbild für den Preis der Erkenntnis und die Opfer, die Liebe in dieser Welt fordert. Am Ende kämpft er nicht nur gegen äußere Feinde, sondern auch gegen die Bestie in sich.

Der Höhepunkt ist ein vielschichtiger Kampf in der alten Grotte des Drachengottes. A’Sar kanalisiert uralte Magie, um Yetos Menschlichkeit zu retten, während Mupert und Rankan – ein fanatischer Kämpfer der Löwenkirche – Zeugen eines göttlichen Dramas werden.

Das Finale ist düster und poetisch zugleich: Liebe und Opfer, Wissen und Glauben verschmelzen. A’Sar erkennt, dass Macht immer Verwandlung bedeutet – und dass kein Mensch rein bleibt, der göttliche Dinge berührt.

Im Epilog – „Die Vermittlerin“ – reflektiert der Roman diese Ereignisse. A’Sar hat überlebt, doch sie ist nicht mehr dieselbe. Yeto und Mupert haben sich verändert, jeder auf seine Weise. Was bleibt, ist die Erkenntnis: Der Kampf zwischen Schlange und Schwert ist kein äußerer, sondern ein innerer.

Szenendarstellung / Atmosphäre

Lena Falkenhagen hat ein herausragendes Gespür für Atmosphäre. Kaum ein anderer DSA-Roman der 1990er Jahre verbindet aventurische Lore, Mythologie und sinnliche Bilder so elegant.

Die Schauplätze sind sorgfältig komponiert:

  • Die Wüsten und Karawanenrouten zwischen Fasar, Mhanadistan und den Trollzacken sind voller Staub, Hitze und Legenden.

  • Die Tempelruinen mit ihren Schlangenreliefs, alten Glyphen und goldenen Statuen erinnern an ein archäologisches Abenteuer, das sich anfühlt, als könne man den Sand zwischen den Fingern spüren.

  • Die Höhle des Goldenen – der Hort der Schlange – ist der bildgewaltige Höhepunkt: Feuer, Licht, Magie, Verwandlung.

Falkenhagen schreibt nicht nüchtern, sondern bildhaft. Ihre Sprache ist stellenweise poetisch, manchmal überladen, aber immer atmosphärisch dicht. Besonders stark sind die inneren Monologe: A’Sars Zweifel, Yetos Zerrissenheit, Mupert s Staunen – all das lässt einen tief in die Figuren hineinblicken.

Ein Beispiel ist Yetos innerer Kampf zwischen Pflicht und Liebe. Wenn er A’Sar in der Dunkelheit beobachtet, spürt man förmlich, wie er zwischen göttlichem Gebot und menschlicher Leidenschaft schwankt. Ähnlich eindrucksvoll ist A’Sars Verhältnis zu Wissen und Schuld: Sie will verstehen – doch je mehr sie weiß, desto mehr verliert sie sich selbst.

Auch die Nebenfiguren – etwa die Ferkina-Krieger, die Schamanen oder der blinde Seher Rankan – tragen zur Glaubwürdigkeit bei. Sie sind keine bloßen Statisten, sondern Repräsentanten der Welt, in der Glaube und Magie nicht voneinander zu trennen sind.

Was Lena Falkenhagen besonders gelingt, ist die Verknüpfung von Mythos und Emotion. Die Geschichte der Schlange ist keine ferne Legende, sondern spürbar in den Figuren verankert. Wenn Yeto sich in der Höhle verwandelt, wenn A’Sar den Diamanten erhebt, wenn Mupert an seiner Menschlichkeit zweifelt – dann hat das Gewicht, Bedeutung und Tragik.

Man spürt, dass Falkenhagen Aventurien kennt, aber zugleich etwas Eigenes schaffen wollte. Ihr Aventurien ist kein Katalog aus Spielwerten und Geweihten, sondern ein lebendiger, atmender Ort, in dem Menschen an Götter glauben, weil sie müssen – und daran zerbrechen können.

Fazit

Schlange und Schwert ist ein Roman über Glaube, Macht und Verwandlung – und darüber, wie Menschen sich selbst verlieren, wenn sie zu tief in göttliche Dinge eindringen.

Lena Falkenhagen verbindet dabei klassisches DSA-Gefühl mit psychologischem Tiefgang. Die Geschichte ist spannend, tragisch und voller starker Bilder. Ihre größte Stärke liegt in der Charakterentwicklung: Man spürt förmlich, wie A’Sar, Yeto und Mupert sich verändern, wie sie mit inneren Dämonen ringen und einander beeinflussen. Dieses psychologische Wachstum ist selten in DSA-Romanen jener Zeit – und hebt das Buch deutlich über den Durchschnitt hinaus.

Natürlich hat der Roman auch Schwächen. Der Mittelteil zieht sich stellenweise, insbesondere in den Reiseszenen und den Dialogen mit den Stammeskriegern. Manche Passagen hätten kürzer und prägnanter sein dürfen, ohne die Wirkung zu verlieren.

Aber sobald die Handlung wieder in den mythologischen Kern zurückkehrt – zur Schlange, zum Diamanten, zum inneren Konflikt – entfaltet der Roman seine volle Kraft. Das Ende ist dicht, dramatisch und emotional, ein würdiger Abschluss, der lange nachhallt.

Endnote: 4 von 5 Sternen.
Ein sehr guter DSA-Roman, atmosphärisch, charakterstark und emotional nachvollziehbar. Falkenhagen gelingt es, Aventurien nicht nur zu beschreiben, sondern fühlbar zu machen. Besonders die Veränderungen der Hauptfiguren – Asar, Yeto und Mupert – wirken echt, nachvollziehbar und berührend. Man spürt, was diese Reise mit ihnen macht, wie sie gegen sich selbst kämpfen und an ihren Entscheidungen wachsen.

Die Geschichte ist zwischendurch etwas langatmig, ja – aber das starke Ende, die mythologische Dichte und die emotionale Tiefe machen das mehr als wett. Ein Roman, der zeigt, dass DSA nicht nur von Abenteuern erzählt, sondern auch von Menschen, die zwischen Göttern und Schlangen ihren Weg suchen.

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