Die Gabe der Amazonen
Seitenzahl: 306 Seiten
Autor: Ulrich Kiesow
Cover: Dieter Rottermund
Illustration: Ina Kramer, Ralf Hlawatsch
Region: Trollzacken, Schwarze Sichel, Beilunk, Burg Kurkum
Erschienen: September 1987 / April 1996
Bei: Heyne
Buchnummer: R18
Erhältlich bei: Ulisses
Inhalt „Die Gabe der Amazonen“
Klappentext Originalausgabe
„Yppolita wird mich hassen, solange sie lebt. Das weiß ich ganz genau. Sie wird unentwegt auf Rache sinnen und eines Tages wiederkehren, um den Thron zurückzuerobern. Es wird einen Krieg geben, der viele unserer Besten das Leben kosten wird. Das darf nicht geschehen. Darum, Hana, wirst Du meine Schwester in die Trollzacken führen und sie dort erschlagen und vergraben.“ Hana hob die Hand zum Gruß und verließ den Raum. Es stand ihr nicht an, ihrer Königin zu widersprechen …
Die „Gabe“ ist die Geschichte einer Reise quer durch Aventurien, die Schilderung der gefahrvollen Suche nach einer verschollenen Königin: nach Yppolita, der Herrscherin der Amazonen. Die „Gabe“ ist zwar als spannender Roman gestaltet, kann aber wie ein echtes Das Schwarze Auge-Abenteuer von einer Spielrunde nacherlebt werden. Der Band enthält einen kompletten Plan der Stadt Beilunk und mehrere Illustrationen von Ina Kramer.
Klappentext der Heyne-Ausgabe
„Yppolita wird mich hassen, solange sie lebt. Sie wird eines Tages zurückkehren, um den Thron zurückzuerobern. Es wird einen Krieg geben, der viele unserer Besten das Leben kosten wird. Das darf nicht geschehen. Darum, Hana, wirst Du meine Schwester in die Trollzacken führen und sie dort erschlagen und vergraben.“ Hana hob die Hand zum Gruß und verließ den Raum. Es stand ihr nicht an, einer Königin zu widersprechen …
— Klappentext des Werkes; zur Weiterverwendung siehe Ulisses-Disclaimer
Zusatzinformationen:
Dieser Roman war der zweite DSA-Roman überhaupt. Erst später wurde er als 18. Roman der DSA-Reihe herausgegeben.
Bewertung der Redaktion
- Bewertung
Fazit
Nachdem ich zuletzt „Die Suche“ von Ina Kramer gelesen habe, wollte ich konsequent meine persönliche DSA-Lesereise fortsetzen. Mein Ziel ist es, alle DSA-Romane zu lesen – und dazu gehört natürlich auch „Die Gabe der Amazonen“, ein Roman aus der Feder von Ulrich Kiesow höchstpersönlich, dem geistigen Vater Aventuriens. Schon allein aus diesem Grund war ich gespannt, wie der Erfinder der Spielwelt seine eigene Vision in Romanform bringt. Besonders neugierig war ich, ob Kiesow mit seiner epischen Erzählweise und seinem Weltverständnis auch im literarischen Rahmen überzeugt. Allerdings hatte ich Bedenken, da der Roman in einer sehr frühen DSA-Zeit erschien.
Inhalt
Charakterbeschreibung
Im Mittelpunkt der Handlung steht die Amazonenkönigin Yppolita, die zu Beginn des Romans scheinbar jede Erinnerung an ihr früheres Leben verloren hat. Unter dem schlichten Namen „Mädchen“ wird sie von einer bunt zusammengewürfelten Gruppe Abenteurer gefunden. Erst im Lauf der Erzählung erinnert sie sich langsam daran, wer sie wirklich ist – die gestürzte Herrscherin Kurkums, die durch Intrigen ihrer Schwester Ulissa entmachtet wurde.
Yppolita ist eine ambivalente Figur: Einerseits verkörpert sie das Ideal einer rondragefälligen Kriegerin – stolz, tapfer, diszipliniert. Andererseits zeigt sie emotionale Tiefe, Reue und Unsicherheit über ihre Vergangenheit. Ihre Entwicklung vom verlorenen Mädchen zur wiedergeborenen Königin ist das emotionale Rückgrat des Romans. Besonders faszinierend ist ihre Haltung gegenüber ihrer Verbannung und Schuld – sie zeigt sich reumütig und bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Ulissa, ihre Schwester und neue Königin, ist eine klassische Gegenspielerin: machtgierig, manipulativ und in ihrer Regentschaft gnadenlos. Ihre Angst vor Yppolitas Rückkehr führt sie schließlich zu einem Mordbefehl gegen die eigene Schwester – ein Akt, der sie als tyrannische Herrscherin entlarvt.
Die Gefährten Yppolitas – u.a. Viburn, Larix und Arve – bieten eine interessante Palette an Persönlichkeiten, vom leichtfertigen Streuner über den idealistischen Kämpfer bis zum skeptischen Denker. Sie fungieren nicht nur als Handlungstreiber, sondern helfen auch, Yppolitas Charakterentwicklung zu spiegeln.
Nacherzählung
Die Handlung beginnt mit der Suche einer Abenteurergruppe nach der verschwundenen Amazonenkönigin Yppolita. Der Auftrag stammt von Fürst Bennain, der aus persönlichen Gründen großes Interesse an ihrem Schicksal hat – wie sich später herausstellt, ist er ihr Vater.
Sie finden Yppolita in den Trollzacken, völlig verändert und ohne Erinnerung an ihre Vergangenheit. Nach und nach kehrt ihr Gedächtnis zurück, und die Wahrheit wird offenbar: Durch einer fingierten Liebesaffäre mit einem Bauernjungen hat sie gegen die zölibatären Gesetze der Amazonen verstoßen. Ihre Schwester Ulissa verurteilte sie zur lebenslangen Verbannung – ein Urteil, das später durch einen geheimen Mordauftrag ersetzt wird.
Durch Zufall – oder Schicksal – kehrt Yppolita mit ihren neuen Gefährten nach Kurkum zurück, wo es zur finalen Konfrontation mit Ulissa kommt. In einem dramatischen Zweikampf entscheidet sich das Schicksal der Amazonen: Yppolita gewinnt, wirft ihre Schwester in den Brunnen und wird wieder als rechtmäßige Königin eingesetzt.
Szenendarstellung / Atmosphäre
Ulrich Kiesow gelingt es hervorragend, das Flair Aventuriens einzufangen, auch in diesem älteren DSA-Roman. Besonders die Beschreibung Kurkums und seiner Rituale, der Sitten und Gebräuche der Amazonen, ist detailliert und atmosphärisch dicht, könnten aber dennoch etwas deutlicher ausgearbeitet sein. Die Kämpfe sind intensiv, die Dialoge emotional – etwa wenn Yppolita von ihrer Vergangenheit berichtet oder sich in einem Moment der Schwäche an ihre Gefährten wendet.
Auch Nebenhandlungen wie der mystische Bezug zur Drachenerscheinung Smardur, der angeblich ein Bote der Göttin Rondra ist, verleihen dem Roman eine mythologische Tiefe. Die Vorstellung, dass eine geraubte Kriegerin ein Zeichen göttlichen Wohlwollens ist, wirkt sowohl faszinierend als auch befremdlich – ganz im Sinne des aventurischen Glaubenssystems.
Sprachlich ist der Roman flüssig geschrieben, gelegentlich jedoch etwas ausschweifend. Manche Szenen – wie die Schilderung der Reise durch die Trollzacken – hätten straffer erzählt werden können, ohne dass die Handlung an Substanz verloren hätte.
Trotz einiger Längen entwickelt der Roman ein gutes Erzähltempo und führt durch wechselnde Perspektiven und Rückblenden geschickt zur finalen Auflösung hin. Besonders der Kampf zwischen Yppolita und Ulissa ist ein Höhepunkt des Romans – spannend, brutal, emotional aufgeladen und trickreich.
Fazit
Mit „Die Gabe der Amazonen“ legt Ulrich Kiesow einen klassischen DSA-Roman vor, der sich sowohl an Fans der Amazonenthematik als auch an Freunde dramatischer Charakterentwicklungen richtet. Die Rückkehr der entmachteten Königin, das Intrigenspiel innerhalb Kurkums und die Verbindung zur aventurischen Götterwelt bilden einen überzeugenden dramaturgischen Rahmen.
Besonders gut gefallen hat mir das überraschende Ende, das nicht nur den dramatischen Kampf der Schwestern zeigt, sondern auch eine nachvollziehbare Transformation Yppolitas, von der verlorenen Identität zurück zur königlichen Verantwortung.
Die Beschreibung der Amazonengesellschaft, ihrer Riten, Traditionen und politischen Mechanismen, ist gelungen und liefert auch für Spielleiter und Spieler viel Inspiration für eigene Abenteuer. Auch das Setting rund um Kurkum und die Trollzacken wirkt lebendig und plastisch. Allerdings hätte ich mir hier etwas mehr Beschreibungen der Örtlichkeit gewünscht, damit mir Kurkum besser im Gedächtnis geblieben wäre.
Ein weiteres kleines Manko betrifft die Charakterzeichnung Yppolitas: Ihre abrupte Wandlung von der offenen, fast kindlichen „Mädchen“-Figur zur ernsten Königin wirkt gelegentlich etwas sprunghaft. Zwar wird dieser Bruch durch den Erinnerungsverlust und die kulturelle Prägung erklärt, aber ihre Entwicklung hätte an manchen Stellen noch etwas glaubhafter ausgebaut werden können.
Insgesamt jedoch ist „Die Gabe der Amazonen“ ein solider, spannender Roman, der mich ähnlich gut unterhalten hat wie „Die Suche“, den direkten Vorgänger in meiner Lektürereihe. Wer sich für Amazonen, politische Intrigen und persönliche Wiedergutmachung interessiert, kommt hier auf seine Kosten.
Endnote: 4 von 5 Sternen
Die Atmosphäre stimmt, der Hintergrund ist reich an aventurischer Tiefe, und die Geschichte bietet sowohl Action als auch Emotion. Mit etwas mehr Straffung wäre sogar noch mehr drin gewesen – dennoch ein empfehlenswerter Beitrag zur DSA-Romanreihe.
Unten in den Kommentaren kannst du das Werk selber bewerten!
Bildquellen
- Die Gabe der Amazonen DSA Roman R18: Dieter Rottermund © Alle Rechte vorbehalten. ©Heyne Alle Rechte vorbehalten.
[…] Zusatzinformationen: Dieser Sammelband enthält die Romane Der Scharlatan und Die Gabe der Amazonen. […]